Erstellt am: 03.06.2023
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Kategorie: News
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ZH Obergericht : LE220043

Eheschutz (vorsorgliche Massnahmen) – Vereinbarung betreffend Kinderbelange

„Soweit es Kinderbelange zu regeln gibt, findet die Offizial- und Untersuchungsmaxime Anwendung (Art. 296 Abs. 1 ZPO). Daher unterliegt die von den Parteien getroffene Vereinbarung im Sinne eines übereinstimmenden Parteiantrages der gerichtlichen Prüfung und Genehmigung (vgl. ZK-Bräm, Art. 176 ZGB N 18 und N 117). Für die Genehmigung wird vorausgesetzt, dass mit der Vereinbarung das Kindeswohl gewahrt wird.

Die Parteien beantragen in der Vereinbarung vom 11. November 2022 die Anordnung einer gemeinsamen Obhut mit wechselnder Betreuung, wobei sie sich u.a. darauf einigen, der Gesuchstellerin mehr Betreuungszeit einzuräumen, als es im vorinstanzlichen Entscheid vorgesehen war  (…).

Die geographischen Verhältnisse stehen dann einer alternierenden Obhut entgegen, wenn dadurch die Durchsetzung des Betreuungsrechts das Kindeswohl – bspw. durch zu lange oder umständliche Fahrten zwischen den Wohnorten – gefährden würde (vgl. BGer 5A_629/2019 vom 13. November 2020; E. 8.5.). Die Parteien wohnen gemäss Google Maps ca. 22 Autofahrt-Kilometer voneinander entfernt. In der vorliegenden Konstellation ist allerdings zu beachten, dass es der Gesuchstellerin trotz dieser Distanz möglich ist, die Kinder nicht nur am Wochenende zu Besuch zu nehmen, sondern sich auch massgeblich unter der Woche an deren Betreuung zu beteiligen.

Das Gesetz definiert nicht, bei welchen Betreuungsverhältnissen von einer alternierenden Obhut auszugehen ist. Das Bundesgericht hält in diesem Zusammenhang fest, dass die Bedeutung der "Obhut" sich auf die "faktische Obhut" reduziere, daher auf die Befugnis zur täglichen Betreuung des Kindes und auf die Ausübung der Rechte und Pflichten in Zusammenhang mit seiner Pflege und laufenden Erziehung (BGer 5A_418/2019 vom 29. August 2019, E. 3.5.2). In diesem Sinne wurde festgehalten, dass eine alternierende Obhut nicht zwingend eine hälftige Betreuung durch beide Elternteile voraussetze, sondern auch dann zum Tragen kommen könne, wenn ein Elternteil sein Kind auch unter der Woche betreuen wolle, anstatt es nur über das Wochenende zu sich auf Besuch zu nehmen (OGer LE200063 vom 17. Februar 2022, E. 3.4.1 m.H.a. BGer 5A_373/2018 vom 8. April 2019, E. 3.1, BGer 5A_722/2020 vom 13. Juli 2021, E. 3.1.2 und BGer 5A_67/2021 vom 31. August 2021, E. 3.1.2).

In Einklang mit Lehre und Rechtsprechung hindert die geographische Wohnsituation der Parteien die Anordnung der alternierenden Obhut somit nicht. Dass die Kinder den Schulweg alleine bewältigen können sollen (vgl. Urk. 2 S. 21), ist im Übrigen nicht erforderlich (BGer 5A_629/2019 vom 13. November 2020, E. 8.5.).

Zusammenfassend erfordert das Kindeswohl keine von der Vereinbarung der Parteien abweichende Regelung.“

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