Erstellt am: 30.03.2016
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Kategorie: Blog

Ehegattenunterhalt

Die Ehegatten können frei vereinbaren, ob einer dem andern Unterhalt leistet, wie lange und in welcher Höhe. Anpassungen und Mehrverdienstklauseln sind ebenfalls möglich. Schranke ist jeweils nur die offensichtliche Unangemessenheit.

Bei Trennung

Leben die Ehegatten getrennt, hat der weniger verdienende Ehegatte unter Umständen Anspruch auf Unterhaltszahlungen durch den andern Ehegatten. Dies ist der Fall, wenn der einkommensmässig schlechter gestellte Ehegatte nicht in der Lage ist,

  • seinen bisherigen Bedarf oder
  • mindestens den gleichen Lebensstandard wie jenen des anderen Ehegatten

selber zu finanzieren.

Es gilt grundsätzlich eine Pflicht zur Aufnahme / Ausdehnung einer Erwerbstätigkeit, die sich verstärkt, je länger die Trennung dauert.

Betreut ein Ehegatte minderjährige Kinder, reduziert sich die zu erwartende Erwerbstätigkeit nach Alter, Anzahl und auch Gesundheitszustand der Kinder.

Bei Scheidung

Lebensprägende Ehen

Ein nachehelicher Unterhaltsanspruch ist bei lebensprägenden Ehen unter Berücksichtigung der folgenden drei Ebenen geschuldet:

Ebene 1

Unterhalt gemäss dem ehelichen Standard kann "gerechtfertigt sein, wo der eine Ehegatte aufgrund eines gemeinsamen Lebensplanes sein Erwerbsleben und damit seine ökonomische Selbständigkeit zugunsten der Besorgung des Haushaltes und der Erziehung der Kinder aufgegeben hat und es ihm zufolge dieser gemeinsamen Entscheidung nach langjähriger Ehe nicht mehr möglich ist, an seiner früheren beruflichen Stellung anzuknüpfen oder einer anderen Erwerbstätigkeit nachzugehen, welche ähnlichen ökonomischen Erfolg verspricht. Diesfalls lässt sich auch heute davon sprechen, dass die Ehe lebensprägend gewesen sei. " Es kommt somit nicht allein auf eine bestimmte Ehedauer von 10, eventuell 5 Jahren an.

Ebene 2

Es gilt der Vorrang der Eigenversorgung. "Der Zuspruch eines Unterhaltsbeitrages ist hierzu subsidiär und nur geschuldet, soweit der gebührende Unterhalt bei zumutbarer Anstrengung nicht oder nicht vollständig durch Eigenleistung gedeckt werden kann."

"Vom Grundsatz, wonach ein Vollzeiterwerb als zumutbar gilt, ist nur abzuweichen, soweit der betreffende Teil gemeinsame Kinder betreut, denn hier bemisst sich die Zumutbarkeit einer Erwerbstätigkeit nach Massgabe des Schulstufenmodells." Das Schulstufenmodell verlangt vom betreuenden Elternteil eine Erwerbstätigkeit von

  • 50 % ab Einschulung des jüngsten Kindes (ab obligatorischem Kindergartenbesuch),
  • 80 % ab Eintritt in die Sekundarstufe I (Sekundarschule, Untergymnasium),
  • 100 % ab Alter 16 des jüngsten Kindes.

"Bei den tatsächlichen Verhältnissen ist auf das Alter, die körperliche Gesundheit, die sprachlichen Kenntnisse, die bisherigen Tätigkeiten, die bisherigen und die für den Wiedereinstieg zumutbaren Aus- und Weiterbildungen, die persönliche Flexibilität, die Lage auf dem Arbeitsmarkt u.ä.m., mithin generell auf die konkreten Chancen abzustellen, in einem bestimmten Bereich, welcher nicht zwingend dem früheren Tätigkeitsfeld entsprechen muss, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen."

Solange vier oder mehr Kinder jünger als 16 Jahre alt sind, ist gemäss Bundesgericht eine Erwerbstätigkeit allenfalls nicht zumutbar (BGE 144 III 481 E. 4.7.9). Nach dem Grundsatz, dass Gleiches nach Massgabe seiner Gleichheit gleich, Ungleiches nach Massgabe seiner Ungleichheit ungleich zu behandeln ist, muss das Ausmass der geforderten Erwerbstätigkeit bei zwei und drei Kindern unter 16 proportional abgestuft werden (anderer Auffassung, aber ohne materielle Begründung Kantonsgericht Basel-Land).
Zumutbares Einkommen bei Kinderbetreuung

Ebene 3

Wo die "Eigenversorgung nicht oder nicht in genügendem Ausmass möglich bzw. erreichbar ist, um den gebührenden Unterhalt zu decken, ist jedenfalls bei lebensprägenden Ehen nachehelicher Unterhalt zuzusprechen. Diesbezüglich ist aber auf einer dritten Ebene zu berücksichtigen, dass das Gesetz in Art. 125 Abs. 1 ZGB von "angemessenem" Unterhalt spricht.

Dieser ist mithin insbesondere in zeitlicher Hinsicht zu limitieren. Vor diesem Hintergrund kann es keinen Anspruch auf lebenslängliche finanzielle Gleichstellung geben, ansonsten ökonomisch über die Tatsache der Scheidung hinweggegangen würde."

"Ins Gewicht fallen dabei insbesondere eine allfällige Erwerbshinderung durch Kinderbetreuung sowie die Ehedauer, ferner aber auch das Vermögen und anderweitige finanzielle Absicherungen. Bei langjährigen Hausgattenehen, zumal wenn sich der eine Ehegatte vollständig der Kinderbetreuung gewidmet hat, kann die nacheheliche Solidarität auch in Zukunft zu längeren Unterhaltsrenten führen, welche bis zum Erreichen des AHV-Alters des Leistungspflichtigen andauern können."

"Richtschnur für eine einzelfallgerechte Festsetzung sind mithin weniger abstrakte Vermutungen als vielmehr die Beurteilung, was angesichts der individuellen Verhältnisse (Aufgabe der wirtschaftlichen Selbständigkeit, Kinderbetreuung, Ehedauer, Möglichkeit der Wiedererlangung der wirtschaftlichen Selbständigkeit sowie anderweitige finanzielle Absicherungen) als angemessen erscheint."

Nicht lebensprägende Ehe

Bei nicht lebensprägenden Ehen wird nicht an den ehelichen, sondern an den letzten vorehelichen Stand angeknüpft. Dies als Ausfluss einer nachwirkenden ehelichen Beistandspflicht und Solidarität (Alter, Krankheit, Übergangsfrist). Unterhalt deckt dann allenfalls ein leicht erhöhtes Existenzminimum, befristet auf maximal 3, ausnahmsweise 4 Jahre.

Lange Trennung

Nach einer langen Trennung von ca. 8 bis 10 Jahren ist die Situation vor der Scheidung, nicht jene vor der Trennung, massgeblich.

Ausschluss

Nacheheliche Unterhaltsbeiträge können gemäss Art. 125 Abs. 3 ZGB gekürzt oder verweigert werden, wenn solche offensichtlich unangebracht wären, insbesondere

  • bei grober Verletzung der Pflicht, zum Unterhalt der Familie beizutragen,
  • bei mutwilliger Herbeiführung ihrer Bedürftigkeit,
  • bei einer schweren Straftat gegen den andern Ehegatten oder gegen eine diesem nahe verbundene Person.