Erstellt am: 02.03.2023
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Kategorie: Blog

Entwidmung von WEF-Vorbezügen

 

Wann erfolgt eine automatische Entwidmung eines WEF-Vorbezugs?

 

Zeitpunkt des Eintritts des Vorsorgefalls Alter (BVG 30d)

Der Vorsorgefall Alter tritt ein mit dem effektiven Zeitpunkt der Pensionierung gemäss dem Reglement einer Pensionskasse oder der Kapitalabfindung aus einer Freizügigkeitseinrichtung, spätestens aber mit 64/65 (Frauen) bzw. 65 (Männer).

Im Regelfall erfolgt die Pensionierung mit 64/65 (Frauen) bzw. 65 (Männer).

Möglich ist aber auch eine vorzeitige Pensionierung und damit ein vorzeitiger Bezug der Altersleistungen

· bei Pensionskassen ab vollendetem 58. Altersjahr,

· bei Freizügigkeitseinrichtungen ab 59/60 (Frauen) bzw. ab 60 (Männer).

Eine vorzeitige Pensionierung ist möglich, sofern das Reglement der PK dies zulässt, wozu aber keine gesetzliche Pflicht besteht.

Bei einer automatischen vorzeitigen Pensionierung steht der Zeitpunkt des Vorsorgefalls Alter zum vornherein fest. Wenn dazu eine Erklärung erforderlich ist, hängt der Zeitpunkt von der Erklärung ab.

Frühere Zeitpunkte einer vorzeitigen Pensionierung als erwähnt sind (nur) möglich bei betrieblichen Restrukturierungen und bei bestimmten Berufen aus Gründen der öffentlichen Sicherheit wie Piloten, Feuerwehrmänner (BVG 13).

 

Zeitpunkt der Entwidmung

Die Rückzahlung eines WEF-Vorbezugs ist nur möglich bis zur reglementarischen Pensionierung, bis zum Eintritt eines anderen Vorsorgefalls oder bis zur Barauszahlung der Freizügigkeitsleistung. Ist eine Rückzahlung nicht mehr möglich, gilt ein WEF-Vorbezug als entwidmet.

Bei Pensionierung ist massgeblich der Zeitpunkt der Entstehung des  reglementarischen Anspruchs auf BVG-Altersleistungen, d.h. der Zeitpunkt der effektiven Pensionierung (BVG 30d III).

 

Entwidmung in anderen Fällen (BVG 30d)

Eine Entwidmung erfolgt auch bei Eintritt eines anderen Vorsorgefalles, d.h. bei Invalidität oder Tod, oder im Falle einer Barauszahlung der Freizügigkeitsleistung.

 

Folgen der Entwidmung

Sobald keine Rückzahlungsverpflichtung und keine Rückzahlungsmöglichkeit mehr besteht, ist ein WEF-Vorbezug entwidmet. Er wandelt sich dadurch automatisch in eine Kapitalabfindung um.

Diese fällt in die Errungenschaft (bei Errungenschaftsbeteiligung), in das Gesamtgut (bei Gütergemeinschaft) bzw. in das Eigengut (bei Gütertrennung). Der Vorgang erfolgt analog einer nachträglichen Amortisation eines WEF-Vorbezugs aus Mitteln der Errungenschaft des Versicherten bzw. des Gesamtgutes bzw. des Eigenguts bei Gütertrennung. Die ursprüngliche Massenzuteilung einer Liegenschaft ändert sich dadurch nicht.

Im Fall einer späteren Scheidung sind die entsprechenden Errungenschafts- bzw. Gesamtgutsbeträge rechnerisch

· unter dem Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung nach ZGB 207 II in Eigengut/Errungenschaft

· unter dem Güterstand der Gütergemeinschaft nach ZGB 237 in Eigengut/Gesamtgut aufzuteilen. Bei Gütertrennung verbleibt die Kapitalabfindung im Eigengut des Versicherten. 

Ein Errungenschafts- bzw. Gesamtgutsanteil ist in der güterrechtlichen Auseinandersetzung zu berücksichtigen.

Ein ehelicher Eigengutsanteil ist im Rahmen des Vorsorgeausgleichs zu berücksichtigen (angemessene Entschädigung, ZGB 124e).

 

Praktisches Vorgehen

1.   Abklären, ob eine Entwidmung von WEF-Vorbezügen erfolgt ist,

a.      weil der Vorsorgefall Alter bereits eingetreten ist, d.h. der WEF-Bezüger bereits pensioniert wurde und eine Rente bezieht bzw. eine Kapitalabfindung beansprucht hat. Der effektive Zeitpunkt ist massgeblich.

b.       weil eine Barauszahlung erfolgte oder Invalidität eingetreten ist.

2.   Wenn eine Entwidmung vorliegt:

a.      WEF-Vorbezüge wandeln sich in Eigenmittel (Errungenschaft, Gesamtgut, Eigengut) um.

b.      Im Falle einer Scheidung sind die vormaligen WEF-Vorbezüge güterrechtlich aufzuteilen gemäss ZGB 207 II bzw. ZGB 237 (entfällt bei Gütertrennung), im Umfang der Eigengutsanteile im Vorsorgeausgleich zu berücksichtigen. Dabei sind die ehelichen Anteile der Kapitalabfindung zu ermitteln und (i.d.R.) hälftig über eine angemessene Entschädigung nach ZGB 124e zu teilen.

3.      Bei Festsetzung der Höhe der Kapitalabfindung sind die anfallenden Steuern zu beachten.

4.      Falls noch keine Entwidmung erfolgte, ist ein WEF-Vorbezug im Vorsorgeausgleich als Freizügigkeitsleistung zu berücksichtigen (und güterrechtlich als Schuld gegenüber der Vorsorgeeinrichtung).