Erstellt am: 15.06.2023
|
Kategorie: News
|
Bundesgericht : 5A_81/2022

Nachbeurkundung eines im Ausland begründeten Kindesverhältnisses

“Die Nachbeurkundung des im Ausland begründeten Kindesverhältnisses im schweizerischen Zivilstandsregister erfolgt gemäss Art. 32 IPRG (Art. 45 Abs. 2 Ziff. 4 ZGB) durch Verfügung der kantonalen Aufsichtsbehörde über das Zivilstandswesen (Abs. 1). Die Eintragung wird bewilligt, wenn die Voraussetzungen der Artikel 25-27 IPRG erfüllt sind (Abs. 2).  

Nach der besonderen Regel von Art. 73 IPRG wird die im Ausland erfolgte Anerkennung eines Kindes in der Schweiz anerkannt, wenn sie nach dem Recht am gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes, nach dessen Heimatrecht, nach dem Recht am Wohnsitz oder nach dem Heimatrecht der Mutter oder des Vaters gültig ist (Abs. 1). Zu prüfen ist, ob die Nennung des Vaters in einer ausländischen Geburtsurkunde des Kindes gemäss dem massgeblichen Recht auf einer verwandtschaftsbegründenden Erklärung beruht (SIEGENTHALER, Das Personenstandsregister, 2. Aufl. 2013, Rz. 82, 400).

In Art. 73 IPRG werden die in Art. 72 Abs. 1 IPRG genannten Rechtsordnungen bezeichnet, nach welcher die Anerkennung gültig sein muss. Es genügt (in favorem recognitionis) zur Anerkennung, wenn eine im Ausland erfolgte Kindesanerkennung nach einer in Art. 73 Abs. 1 IPRG genannten Rechtsordnung inhaltlich und der Form nach gültig ist (BGE 148 III 384 E. 6.1; SCHWANDER, in: Basler Kommentar, Internationales Privatrecht, 4. Aufl. 2021, N. 2 zu Art. 73 IPRG). Zur genannten (ausländischen) Rechtsordnung gehören auch die Regeln des IPR sowie des Übergangsrechts (vgl. BGE 148 III 384 E. 6.1; SCHWANDER, Einführung in das internationale Privatrecht, Bd. I: Allgemeiner Teil, 3. Aufl. 2000, Rz. 364).  

Mit der Frage, ob die deutsche Übergangsregelung (rückwirkende Aufwertung von Zahlvaterschaften) für das schweizerische Rechtsempfinden derart stossend sei, dass der Ordre public-Vorbehalt greifen müsse, hat sich die Praxis bereits vor über 40 Jahren befasst. Das Bundesamt für Justiz hat die Frage damals mit guten Gründen verneint (VPB, a.a.O., E. 8a, E. 9).  

Ein Ordre public-Verstoss liegt bei Anerkennung der deutschen Vaterschaftsaufwertung nicht vor, weil beide Rechtsordnungen im Grundsatz die gleiche Zielrichtung haben, nämlich dem nichtehelichen Kind eine dem ehelichen Kind entsprechende Rechtsstellung zu verschaffen (vgl. VPB, a.a.O.).”

Newsletter Anmeldung