Erstellt am: 04.03.2021
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Kategorie: Blog

Wie Güterrecht berechnet wird

Bei einer Scheidung sind die vermögensrechtlichen Verhältnisse zu klären. Dies hängt vom Güterstand ab: Errungenschaftsbeteiligung, Gütertrennung, Gütergemeinschaft oder altrechtlicher Güterstand. 

Liegenschaften können in Allein-, Mit- oder Gesamteigentum stehen. Bei Investitionen über mehrere Jahre sind für jede Phase Gewinn oder Verlust zu berechnen. Sind an einer Liegenschaft beide Ehegatten finanziell beteiligt, hat eine Abrechnung unter ihnen zu erfolgen. Möglicherweise übertragen sie sich bei der Scheidung Vermögenswerte und Schulden, oder einer hat dem andern eine Ausgleichszahlung zu leisten.

Zweck

Die güterrechtliche Auseinandersetzung hat zum Ziel, bei einer Scheidung die Vermögensverhältnisse der Ehegatten mit Aktiven und Passiven zu klären und jedem Ehegatten seinen Teil zu belassen oder allenfalls zuzuweisen. Die vermögensmässige Gemeinschaftlichkeit der Ehegatten wird aufgelöst, ausser sie wünschen, gemeinschaftliches Eigentum über die Scheidung hinaus beizubehalten.

Arbeitsprogramm

Zum Arbeitsprogramm gehören u.a.

  • Erfassen der Aktiven und Passiven in Eigengut, Errungenschaft oder Gesamtgut
  • Berechnungen für Errungenschaftsbeteiligung, allgemeine Gütergemeinschaft und Gütertrennung
  • Alleineigentum, Miteigentum, Gesamteigentum/Ehegattengesellschaft
  • Anfangsfinanzierung von Grundstücken über Eigen- und Fremdmittel
  • Phasenberechnungen für Grundstücke (Erwerb, Investitionen/unregelmässige Amortisationen, Entwidmung von WEF-Bezügen, Scheidung)
  • regelmässige Amortisationszahlungen
  • Berücksichtigung von Ansprüchen aus ZGB 206 und ZGB 209 mit Gewinn-, Verlustbeteiligung
  • Gewinn- und Verlustaufteilung bei Grundstücken
  • WEF-Bezüge mit Gewinnverteilung und Abrechnung im Verlustfall
  • Globalabrechnung bei mehreren Grundstücken
  • Gewinnumteilung bei regelmässiger, länger dauernder Leistung von Hypothekarzinsen aus anderen Güter-/Eigentümermassen
  • Behandlung von Kapitalabfindungen, Barauszahlungen und entwidmeten WEF-Bezügen (Errungenschaft, Kapitalisieren, Eigengut)
  • Verkäufe von Liegenschaften während der Ehe
  • Darstellung der Aktiven und Passiven nach Gütermassen und Ehegatten
  • Berechnung einer allfälligen Ausgleichsleistung (unter Berücksichtigung allfälliger Eigentums- und Schuldentransfers zwischen den Ehegatten)

Die Güterstände

Wir berücksichtigen die Güterstände der Errungenschaftsbeteiligung, der allgemeinen Gütergemeinschaft und der Gütertrennung des schweizerischen Rechts. Ausländische Vorschriften fallen ausser Betracht.

Ehevertragliche Modifikationen der genannten Güterstände (ausgenommen Vorschlagsregelungen auf den Todesfall) und beschränkte Gütergemeinschaften werden nicht erfasst und berechnet. Auch altrechtliche Güterverbindungen fallen ausser Betracht.

Ohne Abschluss eines Ehevertrags leben Ehegatten unter dem Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung, in gesetzlich vorgesehenen oder richterlich angeordneten Ausnahmefällen unter Gütertrennung. Gütergemeinschaft setzt einen entsprechenden Ehevertrag voraus, Gütertrennung ebenfalls (ausser in den erwähnten Ausnahmefällen).

Die altrechtliche Güterverbindung kommt zum Zug, wenn dies bei der Einführung des neuen Ehegüterrechts 1987 gewünscht wurde.

Eigentumsformen

Die Ehegatten können Sachen, namentlich auch Grundstücke, in Alleineigentum, Miteigentum und Gesamteigentum (als Ehegattengesellschaft) halten. Wir berücksichtigen alle Eigentumsformen.

Bei Miteigentum kann das Verhältnis der beiden Miteigentumsanteile genau eingetragen werden (50:50, 40:60 usw.).

Bäuerliches Bodenrecht wird nicht behandelt.

Strukturierter Frageprozess

Wir bieten der Nutzerin/dem Nutzer einen einfachen Frageprozess, der die güterrechtlichen Aspekte systematisch abdeckt. Den Beginn macht die Abklärung des Güterstands.

Dann werden die Vermögenswerte und Schulden jedes Ehegatten erfasst und den verschiedenen Gütermassen (Eigengut, Errungenschaft, Gesamtgut) zugewiesen.

Dabei wird auch nach latenten Steuerschulden (Grundstückgewinnsteuer) und nach ehelichen Schulden (Unterhalt, Hinzurechnungen nach Art. 208 ZGB) gefragt.

Zudem wird gefragt, ob und in welchem Umfang ein Ehegatte seine Vermögenswerte aus mehr als einer Masse finanziert und ob der andere Ehegattte sich daran ebenfalls finanziell beteiligt hat, gegebenenfalls aus welchen Massen.

Ferner werden allfällige während der Ehe erfolgte Barauszahlungen und Kapitalabfindungen von Vorsorgeeinrichtungen und Versicherungen erfasst und güterrechtlich behandelt.

Berechnungen

Bei Errungenschaftsbeteiligung und Gütergemeinschaft berechnen wir, insbesondere bei Grundstücken, Gewinn und Verlust für die investierten Gütermassen beider Ehegatten. Diese werden gemäss den gesetzlichen Regeln für Beiträge der Ehegatten bzw. für Investitionen des Eigentümerehegatten aus einer anderen Masse berechnet und zugewiesen.

Dies gilt auch, wenn eine Liegenschaft während der Ehe verkauft worden ist.

Kommt ein Ehegatte regelmässig und über längere Zeit für die Hypothekarzinsen der Eigenguts-Liegenschaft des andern Ehegatten auf oder leistet er aus Eigengut Hypothekarzinsen für eine Errungenschafts-Liegenschafte in seinem Eigentum, so ist ein konjunktureller Gewinn umzuteilen. Dies kommt bei selbstbewohnten Familienliegenschaften allerdings nicht zum Tragen, auch nicht bei Rückstellungen für ordentlichen Unterhalt oder bei einer fremdvermieteten EigengutsLiegenschaft, deren Erträge in die Errungenschaft fliessen und die Hypothekarzinsen decken.

Liegen mehrere Immobilien mit finanzieller Beteiligung beider Ehegatten vor, ist eine Globalrechnung mit Saldierung der Ansprüche zu erstellen.

Im Zeitablauf kann es zu mehreren finanziell wesentlichen Vorgängen kommen: Investitionen in Grundstücke, Neuaufnahme oder Aufstockung von Hypotheken und WEF-Bezügen, Amortisationen. Bei jedem derartigen Ereignis beginnt eine neue Phase, die zu berechnen ist. Ohne Software wäre das nur schwer machbar.

Oft werden Amortisationszahlungen über längere Zeiträume hinweg geleistet. Wir stellen dafür ein eigenes Fragefeld zur Verfügung, das deren richtige Berücksichtigung ermöglicht.

Erleidet eine mit WEF-Vorbezug mitfinanzierte Liegenschaft einen Verlust, kann dies zu einer Reduktion des zurückzuzahlenden Vorbezugs (und zu einer Reduktion des Vorsorgeguthabens) führen. Die entsprechende Berechnung wird beim Vorliegen von WEF-Vorbezügen im Verlustfall vorgenommen.

Anfangsfinanzierung

Beim Erwerb gerade grösserer Vermögenswerte ist es entscheidend, die Anfangsfinanzierung richtig zu erfassen. Eine Sicherungsfunktion im Frageablauf gewährleistet, dass die Finanzierung aus allenfalls verschiedenen Quellen vollständig ermittelt wird.

Güterrechtliche Auseinandersetzung

Sind die Aktiven und Passiven jedes Ehegatten ermittelt und berechnet, erfolgt die güterrechtliche Auseinandersetzung. Dabei kann eine Ausgleichsleistung resultieren, welche ein Ehegatte dem andern zu erbringen hat, um die vermögensmässige Auflösung der Ehe abzuschliessen.

Gegenseitige Schulden werden abgerechnet und die Eigentumsrechte der Ehegatten festgehalten.

Möglich ist auch, dass die Ehegatten einander Vermögenswerte und Schulden (Hypotheken) übertragen und dafür entsprechende Ausgleichsleistungen erhalten.

Spezialfall: Barauszahlungen und Kapitalabfindungen

Bezieht ein Ehegatte während der Ehe

  • eine Barauszahlung der Pensionskasse,
  • eine Kapitalabfindung einer Vorsorgeeinrichtung oder einer Versicherung (wegen Arbeitsunfähigkeit und Versorgerschadens, nicht aber bei Lebensversicherungen mit Rückkaufswert) oder
  • eine Kapitalabfindung zufolge Entwidmung eines WEF-Vorbezugs nach Erreichen des Pensionierungsalters

so fallen diese Leistungen beim Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung vorerst in die Errungenschaft des Empfängers, d.h. vor dem Zeitpunkt der Auflösung des Güterstands (Einleitung des Scheidungsverfahrens, Wechsel des Güterstands). Massgeblich ist der Zeitpunkt der Entstehung der Forderung.

Bei einer Scheidung wird eine solche Leistung im Nachhinein rechnerisch in Errungenschaft und Eigengut aufgeteilt (Art. 207 Abs. 2 ZGB). Das Eigengut entspricht dabei dem Kapital, das bei Einleitung des Scheidungsverfahrens der künftigen Altersvorsorge entspräche. Im Rahmen des Vorsorgeausgleichs werden in einem weiteren Schritt die nichtehelichen und die ehelichen Anteile daran berechnet. Nur für die ehelichen Anteile ist eine angemessene Entschädigung auszurichten.

Der so berechnete Kapitalbetrag ist dem Eigengut des rentenberechtigten Ehegatten anzurechnen, der restliche Teil der ursprünglichen Kapitalleistung verbleibt in seiner Errungenschaft. Es handelt sich dabei nur um rechnerische, nicht reale Grössen.

Vom Kapitalbetrag ist auszuscheiden, was zum vornherein Eigengut war und in diesem verbleibt:

  • Genugtuung
  • Ersatzleistungen für Sachschäden, Umtriebe, Prozesskosten
  • Heilungskosten

Die Gütergemeinschaft kennt in Art. 237 ZGB eine entsprechende Regelung, die Gütertrennung hingegen nicht.

Bei der Behandlung von Barauszahlungen einer Vorsorgeeinrichtung gibt es zwei unterschiedliche Auffassungen. Ist im Zeitpunkt einer Barauszahlung der Vorsorgefall Alter bereits eingetreten (mit einem Anspruch auf die reglementarischen Alterleistungen), so ist allgemein anerkannt, dass bei Scheidung die Aufteilung in Errungenschaft und Eigengut vorzunehmen ist (bei Errungenschaftsbeteiligung und analog bei Gütergemeinschaft, nicht aber bei Gütertrennung).

Diskutiert wird hingegen, ob dies auch gelten soll, wenn der Vorsorgefall Alter im Zeitpunkt einer Barauszahlung noch nicht eingetreten ist und das ausbezahlte Kapital nicht für den Einkauf in eine andere Vorsorgeeinrichtung verwendet wurde. Das Bundesgericht und ein Teil der Lehre (Geiser u.a.) verneinen dies bislang und weisen den ganzen Betrag dem Eigengut zu. Demgegenüber ist gemäss Jungo/Grütter die Aufteilung in Eigengut und Errungenschaft auch hier vorzunehmen, da ja nur jener Teil für die Vorsorge bestimmt und folglich dem Eigengut zuzuweisen ist, der dem Kapitalwert der künftigen Rente entspricht. Dieser Betrag ist bei der Bestimmung einer angemessenen Entschädigung infolge Unmöglichkeit des Vorsorgeausgleichs nach Art. 124e ZGB zu berücksichtigen. Diese Argumentation ist logisch. Wir folgen ihr und nehmen die entsprechenden Kapitalisierungsberechnungen vor, falls eine Barauszahlung i.S. von Art. 5 FZG ausgewiesen und anfänglich der Errungenschaft angerechnet wird.

Bei dem – ex nunc - dem Eigengut des rentenberechtigten Ehegatten anzurechnenden Kapitalbetrag (Barwert) handelt es sich nur um rechnerische, nicht um eine reale Grössen. Der restliche Teil der ursprünglichen Kapitalleistung verbleibt in der Errungenschaft. Eine Hinzurechnung nach ZGB 208 ist möglich, auch eine Rückforderung bei Dritten. Die Errungenschaft schuldet dem Eigengut den entsprechenden Kapitalanteil, auch wenn sie dadurch in einen Rückschlag mündet.

Die Vorsorgeeinrichtung hat auf Anfrage die Höhe der mit der Kapitalleistung abgegoltenen Rente für den Zeitpunkt der Kapitalauszahlung bekanntzugeben (Umrechnung von Kapital in Rente). Die mitgeteilte Rente ist für die Zeit nach Auflösung des Güterstands (Einleitung des Scheidungsverfahrens) zu kapitalisieren, und zwar im Zeitpunkt der Auflösung des Güterstands. Es handelt sich um eine bis zum AHV-Alter, auf die Aktivitätsdauer, befristete Leibrente.

Falls eine Nutzerin/ein Nutzer allerdings der andern Ansicht folgen und die Aufteilung einer Barauszahlung vor Eintritt eines Versicherungsfalls in Errungenschaft und Eigengut nicht vornehmen möchte, kann sie/er im Frageprozess so vorgehen, dass die entsprechende Barauszahlung zum vornherein als Bestandteil des Eigenguts ausgewiesen wird. Dann unterbleibt bei Errungenschaftsbeteiligung eine Aufteilung in Errungenschaft und Eigengut bzw. bei Gütergemeinschaft in Gesamtgut und Eigengut.