Erstellt am: 04.03.2021
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Kategorie: Blog

Wie Unterhalt berechnet wird

Bei Trennung und Scheidung stellt sich die Frage nach dem Kindes- und dem Ehegattenunterhalt.

Falls Unterhalt zu leisten ist, frägt sich, in welchem Umfang und für wie lange. Unsere Unterhaltsberechnung beruht auf schweizerischem Recht. Da sich diesem aber direkt keine ausreichenden Berechnungsregeln entnehmen lassen, kommt der Rechtsprechung massgebliche Bedeutung zu. Wir orientieren uns an den neuen Urteilen des Bundesgerichts (insbesondere 5A_311/2019 und 5A_907/2018) sowie am erläuternden Referat von Bundesrichter von Werdt vom 1. Dezember 2020. Die bisher verbreiteten Methoden und Excel-Tabellen können im Licht der neuen Bundesgerichtspraxis nicht mehr unbesehen weiter verwendet werden.

Strukturierter Frageprozess

Die Nutzerin/der Nutzer wird durch einen Frageprozess geführt, der auf die erforderlichen Berechnungen ausgerichtet ist. Diese werden anhand der Eingaben vollständig ausgeführt, d.h. für allfälligen Kindes- und Ehegattenunterhalt inklusive erforderliche Steuerberechnungen.

Einheitliche Berechnungsmethode

Kindesunterhalt sowie ehelicher und nachehelicher Ehegattenunterhalt werden nach der sog. zweistufigen Methode mit Überschussverteilung berechnet.

Während fortbestehender Ehe, also bei Trennung, ist Vorsorgeunterhalt zur Äufnung der Altersvorsorge allerdings ausgeschlossen. Zudem kann es Unterschiede zwischen ehelichem und nachehelichem Unterhalt geben, d.h. bei Ehegatten-Unterhalt während einer Trennung und bei Scheidung.

Die Fragen sind entsprechend für beide Situationen konzipiert.

Berechnungssystem

Die Unterhaltsberechnung erfolgt dynamisch. Dies ist nur möglich, weil die vorweg berechneten Einkommen und Existenzminima in eine Mittelflussrechnung eingehen, welche anhand dieser Daten die Information liefert, was geleistet werden kann und welche Mankos oder Überschüsse allenfalls resultieren. Die möglichen Unterhaltsleistungen sind naturgemäss abhängig von den verfügbaren Einkommensmitteln. Diesen Abgleich ermöglicht erst das Zusammenspiel von Berechnungen und Mittelflussrechnung. Sie können alles anhand der Berechnungstabellen mitverfolgen, die Sie speichern oder auch ausdrucken können.

Phasen der Unterhaltsberechnung

Nach der Trennung kann es verschiedene Phasen geben, die je eine neue Berechnung erfordern. Folgende Ereignisse lösen eine neue Phasenberechnung aus:

  • bei Kindern
    1. Eintritt des jüngsten Kindes in den Kindergarten (mangels Kindergartens in die Primarschule): zumutbares Einkommen des Unterhaltsempfängers/der Unterhaltsempfängerin erhöht sich
    2. Alter 10 (Erhöhung des Grundbetrags eines Kindes auf CHF 600/Monat)
    3. Alter 12 (Erhöhung der Familienzulagen in LU und ZH)
    4. Eintritt des jüngsten Kindes in die Sekundarstufe I/ins Gymnasium: zumutbares Einkommen des Unterhaltsempfängers/der Unterhaltsempfängerin erhöht sich
    5. Alter 14 (Steuerabzug für Fremdbetreuungskosten entfällt)
    6. Alter 16 des jüngsten Kindes: zumutbares Einkommen des Unterhaltsempfängers/der Unterhaltsempfängerin erhöht sich, kein Betreuungsunterhalt mehr, Familienzulagen erhöhen sich (Ausbildungszulagen).
    7. Alter 18 (Kindesunterhalt geht dem Unterhalt gemäss dem betreibungs- und familienrechtlichen Existenzminimum für minderjährige Kinder und Ehegatten nach, keine Überschussbeteiligung mehr, Besteuerung des Kindesunterhalts entfällt, kein Steuerabzug mehr für Kindesunterhalt, Unterstützungsabzug für den Unterhaltspflichtigen)
    8. Ausbildungs-Ende: Kein Kindesunterhalt mehr, beide Eltern Steuer-Grundtarif, Kinder- und Versicherungs-/Sparzinsenabzug für Kinder fallen weg.
  • bei den Ehegatten
    1. vereinbarter Endzeitpunkt für nachehelichen Unterhalt
    2. Eintritt des Unterhaltsverpflichteten in das AHV-Alter (Steuerabzug für Säule 3a fällt weg)
    3. Eintritt des Unterhaltsberechtigten in das AHV-Alter (kein Vorsorgeunterhalt mehr, Steuerabzug für Säule 3a fällt weg)

Einkommen

Als Erstes sind die effektiv erzielten Einkommen der Ehegatten für die Zeit vor und nach der Trennung festzustellen. Dazu gehören u.a. selbständige und unselbständige Erwerbseinkommen, Versicherungsrenten, Dreizehnte, Gratifikationen, Boni, Vermögenserträge.

Kinder- und Ausbildungszulagen (Familienzulagen), Sozialversicherungsrenten, eigene Vermögenserträge, Erwerbseinkommen, Stipendien etc. (nicht jedoch Hilflosenentschädigungen) werden als Kindeseinkommen erfasst.

Auch ein allfälliger, bisher erfolgter Vermögensverzehr kann eingetragen werden, wenn er von Bedeutung ist.

Es wird danach gefragt, welches Einkommen bei einer 100%-Erwerbstätigkeit maximal erzielt werden könnte. Damit werden auch hypothetische Einkommen erfasst und wird die Obergrenze eines zumindest theoretisch möglichen Einkommens definiert. Anschliessend wird gefragt, ob von einem solchen Maximaleinkommen ein Abzug wegen Unmöglichkeit vorgenommen werden muss, wenn ein solches Einkommen aus objektiven Gründen nicht erzielt werden kann.

Auf jeden Fall wird angenommen, dass ein bereits bisher erzieltes Einkommen weiterhin möglich ist.

Von der Frage der Unmöglichkeit zu unterscheiden ist jene nach der Unzumutbarkeit. Unzumutbar ist die Erzielung eines möglichen Einkommens nur aus Gründen der Betreuung gemeinsamer minderjähriger bzw. längerfristig kranker oder behinderter Kinder (BGer. 5A_907/2018, E. 3.4.4.). Zu welchem Prozentsatz ein an sich mögliches Einkommen wegen Unzumutbarkeit entfällt, ergibt sich gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung aus der jeweiligen Altersstufe des jüngsten Kindes, unter Berücksichtigung der Anzahl zu betreuender Kinder (BGE 144 III 481, E. 4.7.6. und E. 4.7.9.).

Bei einem gesunden Kind wird eine Erwerbstätigkeit des hauptbetreuenden Elternteils angenommen

  • beim Eintritt in den Kindergarten von 50%,
  • beim Wechsel in die Sekundarstufe I von 80 %,
  • ab Alter 16 von 100%.

Bei vier zu betreuenden gesunden Kindern oder bei einem behinderten minderjährigen Kind ist eine Erwerbstätigkeit im erwähnten Umfang allenfalls nicht zumutbar (BGE 144 III 481, E. 4.7.9.). Bei zwei oder mehr Kindern wird die Zumutbarkeit entsprechend abgestuft. Das Programm berücksichtigt eine demgemäss berechnete Unzumutbarkeit (link), auch bei verschiedenen Betreuungsanteilen.

Die Einkommen vor der Trennung sind um die damalige Sparquote zu reduzieren, um das Konsumniveau vor der Trennung eruieren zu können.

Existenzminimum und Überschussverteilung

Für die Ermittlung der Lebenshaltungskosten wird auf das betreibungs- und auf das familienrechtliche Existenzminimum abgestellt.

Das betreibungsrechtliche Existenzminimum berechnet sich nach den Richtlinien der Konferenz der Betreibungs- und Konkursbeamten der Schweiz vom 1. Juli 2009. Kantonale Abweichungen haben zu unterbleiben. Dies bedeutet monatliche Grundbeträge von CHF 1'200 für Alleinstehende ohne Kinder, von CHF 1'350 für Alleinerziehende und von CHF 1'700 für ein Paar, mithin mindestens CHF 850 für einen Partner. Zu den Grundbeträgen hinzu kommen Zuschläge für Wohnkosten, Wohnnebenkosten, Sozialbeiträge wie Krankenkassenprämien, unumgängliche Berufsauslagen (für erhöhten Nahrungsbedarf, auswärts Essen, überdurchschnittlichen Kleider- und Wäscheverbrauch, Transport), an Dritte weitergeleitete Familienzulagen und Schulkosten der Kinder. Steuern zählen nicht dazu (abgesehen von Quellensteuern).

Ausgabenpositionen sind restriktiv zuzulassen. Im betreibungsrechtlichen Existenzminimum sind dies die erwähnten Aufwendungen, im familienrechtlichen Existenzminimum zusätzlich Kommunikationskosten, Prämien für Hausrat- und Haftpflichtversicherungen sowie für nicht-obligatorische Kranken- und Unfallversicherungen, gewisse Abzahlungsraten und Miet-/Leasing-Raten, Schuldendienst für Kosten des gemeinsamen Lebensunterhalts der Familie, Kosten der Ausübung des Besuchsrechts allgemein und bei Fahrkosten über grössere Distanzen im Besonderen, notwendige Weiterbildungskosten, Beiträge Selbständigerwerbender an ihre Altersvorsorge, erhöhte Wohnkosten, nicht aber Auslagen für Hobbys und Reisen.

Von den anfallenden Steuern ist ein auf die Kinder entfallender Anteil auszuweisen. Zu dessen Bemessung wird das Verhältnis der Einkommen von Eltern und Kindern als massgeblichen Steuerfaktoren herangezogen und für die Verteilung der Steuern verwendet.

Das betreibungsrechtliche Existenzminimum eines Unterhaltsverpflichteten ist geschützt. Nur darüber hinausgehendes Einkommen kann für Unterhaltsleistungen zur Verfügung stehen.

In diesem Rahmen sind - unter Berücksichtigung des Vorrangs des Minderjährigenunterhalts nach Art. 276a ZGB - der Reihe nach folgende Unterhaltsleistungen zu erbringen:

  • Barunterhalt minderjähriger Kinder
  • Betreuungsunterhalt (Differenz zwischen Existenzminimum und anrechenbarem Einkommen, soweit Folge der Kinderbetreuung)
  • Verbrauchsunterhalt des Ehegatten
  • Vorsorgeunterhalt des Ehegatten (nur nach einer Scheidung)

Können die betreibungsrechtlichen Existenzminima gedeckt werden und bleibt Einkommen zur Deckung weiterer Unterhaltsansprüche verfügbar, werden der Reihe nach folgende Unterhaltspositionen als familienrechtliches Existenzminimum befriedigt:

  • die Steuer-Anteile der minderjährigen Kinder
  • die Steuer-Anteile der Ehegatten
  • das übrige familienrechtliche Existenzminimum der minderjährigen Kinder
  • der im Rahmen des familienrechtlichen Existenzminimums berechnete Betreuungsunterhalt
  • der im Rahmen des familienrechtlichen Existenzminimums berechnete übrige Verbrauchsunterhalt des Ehegatten
  • der im Rahmen des familienrechtlichen Existenzminimums berechnete übrige Vorsorgeunterhalt des Ehegatten (nur nach einer Scheidung)

Wurden alle diese Ansprüche vollständig gedeckt, stehen die verbliebenen Einkommensmittel zur Finanzierung des familienrechtlichen Existenzminimums volljähriger Kinder zur Verfügung. Reichen die Mittel dafür nicht vollständig aus, sind sie bei mehreren Kindern proportional zu ihren Unterhaltsbedürfnissen zu verwenden. Die Eltern haben sich nach dem Verhältnis ihrer verfügbaren Einkommensmittel daran zu beteiligen. Reicht dies zur Deckung des familienrechtlichen Existenzminimums der volljährigen Kinder indessen nicht, hat derjenige Elternteil, der im Mittelfluss noch über Einkommensmittel verfügt, diese einzusetzen, notfalls bis zu deren vollständigem Verbrauch.

Ein nach Deckung der Unterhaltsbedürfnisse auch der volljährigen Kinder allenfalls verbliebener Überschuss wird anschliessend- nach Abzug einer Sparquote - auf die Ehegatten und die minderjährigen Kinder verteilt. Volljährige Kinder partizipieren nicht. Der Überschussanteil eines anspruchsberechtigten Ehegatten darf seinen Überschussanteil vor der Trennung nicht überschreiten. Der einem minderjährigen Kind zuzuteilende Überschussanteil soll angemessen sein. Hier wird er limitiert in der Höhe des gebührenden Kindes-Barunterhalts, sodass ein minderjähriges Kind maximal den doppelten gebührenden Unterhalt erhält.

Ein Überschuss vor der Trennung ergibt sich aus einer Gegenüberstellung der damaligen familienrechtlichen Existenzminima mit den (um eine Sparquote reduzierten) Einkommen. Der daraus folgende Überschussanteil bildet die Obergrenze des Überschussanteils eines Ehegatten, den er vom andern fordern darf.

Automatische Steuerberechnung für die ganze Schweiz

Reichen die Mittel, um mehr als nur das betreibungsrechtliche Existenzminimum zu finanzieren, sind die Steuerbelastungen zu decken. Da die Höhe der Unterhaltsleistungen von der Höhe der Steuerbeträge abhängt und umgekehrt, ergibt sich eine Zirkelrechnung.

Das Programm nimmt die Steuerberechnungen automatisch vor, für alle Kantone und Gemeinden der Schweiz. Um eine möglichst genaue Berechnung zu erhalten, wird nach den möglichen Abzügen für die Einkommens- und Vermögenssteuern gefragt.

Die steuerbaren Einkommen und Vermögen werden tabellarisch dargestellt.

Trennungsbedingte Mehr- oder Minderkosten

Eine Trennung kann zu Mehr-, seltener auch zu Minderkosten führen. Die Differenz wird anhand der betreibungs- und der familienrechtlichen Existenzminima vor und nach der Trennung berechnet.

Sparquote

Die Feststellung der Sparquote vor der Trennung ist erforderlich, um den früheren Lebensstandard mit den seinerzeitigen Lebenshaltungskosten berechnen zu können. Nach der Trennung wird davon ausgegangen, dass sich die Sparquote um die trennungsbedingten Mehrkosten und einen allfälligen Vorsorgeunterhalt reduziert.

Kindesunterhalt

Minderjährige Kinder haben Anspruch auf Natural-, Bar- und Betreuungsunterhalt. Unterhalt in natura sowie durch Geldleistung gilt als gleichwertig.

Naturalunterhalt umfasst nach den Ausführungen des Bundesgerichts "nicht nur die unmittelbare Aufsicht über das Kind (...), sondern auch Leistungen wie Kochen, Waschen, Einkaufen, Hausaufgabenhilfe, Krankenbetreuung, Nachtdienste, Taxidienste sowie Unterstützung bei der Bewältigung der Alltags- und der sonstigen Sorgen des heranwachsenden Kindes" (Bundesgerichtsentscheide 5A_727/2018 und 5A_ 1032/ 2019). Auf Grund des geleisteten Naturalunterhalts werden die Betreuungsanteile der Eltern erfasst. Es sind die Zeitanteile, während welcher ein Kind bei ihnen lebt. Diese Zeitabschnitte können auf das Jahr gerechnet in Prozenten ausgedrückt werden. Die Eltern sind frei, wie sie die Betreuungsanteile bemessen (zur Bemessung der Betreuungsanteile link). Schranke ist stets das Kindeswohl.

Barunterhalt sind die Geldleistungen, welche die Eltern zur Bestreitung der Lebenshaltungskosten der Kinder aufzubringen haben. Dazu gehört neben Unterhaltszahlungen von einem an den andern Ehegatten auch die direkte Übernahme von Barauslagen der Kinder. Die Tragung der Ausgabenpositionen des betreibungs- und des familienrechtlichen Existenzminimums sowie der Steueranteile der Kinder ist auszuweisen und bei der gesamten Lastentragung zu berücksichtigen. Um dies zu erreichen, kommen spezifische Zuteilungskriterien zum Zug:

  1. Nach den Betreuungsanteilen der Eltern (Deckung von Kosten, die abhängig von der zeitlichen Anwesenheit der Kinder entstehen):
    • die Grundbeträge der Kinder (Pauschalen für Nahrung, Kleidung und Wäsche einschliesslich deren Instandhaltung, Körper- und Gesundheitspflege, Unterhalt der Wohnungseinrichtung, Kulturelles sowie sämtliche Energiekosten ohne Heizung)
  2. Zuweisung auf Grund des amtlichen Wohnsitzes (übereinstimmend mit dem Schul- und Steuerdomizil sowie mit der Zuständigkeit von Ausgleichskasse und Sozialdiensten):
    • Prämien der obligatorischen und der nicht-obligatorischen Kranken- und Unfallversicherung sowie weitere Gesundheitskosten,
    • Schulkosten,
    • Berufsauslagen der Kinder für erhöhten Nahrungsbedarf, auswärts Essen, überdurchschnittlichen Kleider- und Wäscheverbrauch, Transportkosten,
    • Steueranteile der Kinder.
  3. Zuweisung an den Elternteil, bei welchem die Kosten gemäss der von ihm selber gewählten Organisation entstehen:
    • Drittbetreuungskosten
  4. Keine Aufteilung von Kosten, die bei beiden Eltern parallel entstehen und je nach grossen und kleinen Köpfen zugewiesen werden:
    • Wohn- und Wohnnebenkosten inkl. Serafegebühr,
    • Telefonie, Internet, Kommunikation,
    • Hausrat- und Haftpflichtversicherungen.

Um zu vermeiden, dass die Kinder bei einer Kostenaufteilung nach grossen und kleinen Köpfen gesamthaft einen übermässigen Kostenbeitrag zu leisten hätten, wird dieser auf einen Drittel der betreffenden Kostenposition begrenzt. Alle Kinder zusammen tragen demnach höchstens einen Drittel z.B. der bei einem Elternteil anfallenden Wohnkosten.

Gemäss der von Bundesrichter von Werdt vorgestellten Formel wirken sich Betreuungsanteile ab 10 Prozent auf die Unterhaltsbelastung aus. Dasselbe gilt für eine Leistungsfähigkeit ab 10 Prozent. Die Zuweisung der Grundbeträge nach Betreuungsanteilen erfolgt daher ebenfalls ab einem Betreuungsanteil von 10 Prozent.

Der Betreuungsunterhalt schliesslich entspricht der Differenz zwischen dem Existenzminimum eines Kinder betreuenden Elternteils und seinem anrechenbaren Einkommen. Anspruchsberechtigt ist ein Elternteil mit einem Manko. Weisen beide Elternteile ein Manko auf, kann keiner Betreuungsunterhalt beanspruchen oder leisten. Ein Manko aus andern Gründen als Kinderbetreuung wird im Rahmen des Betreuungsunterhalts nicht berücksichtigt. Der Betreuungsunterhalt wird unter den Prämissen des betreibungsrechtlichen Existenzminimums und zusätzlich bei vorhandenen Mitteln unter jenen des familienrechtlichen Existenzminimums (für die verbliebene Differenz) berechnet. Eine Überschussbeteiligung findet hinsichtlich des Betreuungsunterhalts nicht statt.

Ermittlung der Barunterhaltszahlungen für minderjährige Kinder

In einem ersten Schritt wird der gebührende Barunterhalt berechnet. Dazu werden die Lebenshaltungskosten vor der Trennung, die trennungsbedingten Mehrkosten und die Steueranteile nach der Trennung addiert, wovon wiederum die anrechenbaren Einkommen der Kinder subtrahiert werden. Der so berechnete gebührende Barunterhalt ist keine statische Grösse für die Unterhaltsberechnung, sondern dient zur Definition der Obergrenze des Barunterhalts und später des Überschussanteils eines minderjährigen Kindes.

Mit der Limitierung des Barunterhalts wird sichergestellt, dass weder das betreibungs- noch das familienrechtliche Existenzminimum gegenüber dem letzten ehelichen Stand zu überschiessenden Unterhaltsbeiträgen führen können. Ist bei einem Kind die Limite erreicht und liegen noch verfügbare Einkommensbestandteile vor, sind daraus noch nicht gedeckte Existenzminima eines anderen Kindes zu befriedigen.

Nächster Schritt ist die Berechnung des möglichen Barunterhalts. Wieviel jeder Elternteil an

  • das betreibungsrechtliche Existenzminimum der Kinder (Stufe 1),
  • an deren Steueranteile (Stufe 2) und
  • an deren übriges familienrechtliche Existenzminimum (Stufe 3)

leisten kann, ergibt sich aus der Mittelflussrechnung. Diese hat anhand der Einkommen und Ansprüche der Eltern ermittelt, wieviel Einkommen für Unterhaltsleistungen zu Beginn und nach jeder Zwischenstufe allenfalls noch verfügbar ist. Gemäss der von Bundesrichter von Werdt angegeben Formel ist der Barbedarf auf jeder Stufe gemäss dem Zusammenspiel von Betreuungsanteilen und finanzieller Leistungsfähigkeit auf die Eltern zu verteilen.

Führt dieser Berechnungsschritt allerdings auf einer der drei Stufen zu einem Ergebnis, bei welchem die Unterhaltsansprüche der minderjährigen Kinder nicht vollständig gedeckt und die Einkommensmittel des einen Elternteils vollständig konsumiert sind, nicht jedoch jene des andern Elternteils, so sind dessen verbliebene Mittel bis zur Deckung der Unterhaltsbedürfnisse der Kinder auf der betreffenden Stufe heranzuziehen. Andernfalls ergäbe sich eine Situation, in welcher einem Elternteil ein grosszügigeres Niveau zugestanden würde als den Kindern. Dies widerspräche dem Grundsatz, wonach die Kinder am Lebensstandard ihrer Eltern teilhaben dürfen und die Eltern ihre finanziellen Ressourcen soweit erforderlich für die Deckung des Kindesunterhalts einsetzen müssen.

Die Unterhaltsleistungen werden für jede Stufe individuell auf die Kinder aufgeschlüsselt.

Dabei resultierende Mankos werden pro Kind und Elternteil individuell ausgewiesen.

Daraus folgt für jede Stufe (betreibungsrechtliches Existenzminimum, Steuern, übriges familienrechtliches Existenzminimum) der von jedem Elternteil zu erbringende Barunterhalt.

Auf dieser Grundlage wird berechnet, welcher Elternteil gesamthaft wieviel an den Barbedarf der Kinder zu leisten hat. Was ein Elternteil bereits direkt an Auslagen für die Kinder bezahlt (Wohnanteile, Krankenkassenprämien, Schulkosten usw.), ist vom total zu leistenden Barunterhalt eines Elternteils abzuziehen. Als Ergebnis resultieren die von jedem Elternteil brutto zu erbringenden Unterhaltsleistungen an den Barbedarf der Kinder. Sofern beide Elternteile Unterhaltsleistungen für ein und dasselbe Kind zu erbringen haben, erfolgt eine Saldierung der beiderseitigen Leistungsansprüche. Daraus ergibt sich die netto effektiv zu erbringende Unterhaltszahlung des einen oder des andern Elternteils je für ein Kind.

Verbrauchsunterhalt für Ehegatten

Hierzu ist vorausgesetzt, dass einer der Ehegatten Anspruch auf Unterhalt gemäss dem letzten ehelichen Stand vor der Trennung hat (siehe für die Voraussetzungen link). Ist dies nicht der Fall, gelangt die hier beschriebene Unterhaltsberechnung für Ehegatten nicht zur Anwendung.

Auch hier wird vorweg der gebührende Unterhalt berechnet, um eine Obergrenze für den Verbrauchsunterhalt zu definieren. Addiert werden die Lebenshaltungskosten vor der Trennung, die trennungsbedingten Mehrkosten, die Steuern nach der Trennung; subtrahiert werden die anrechenbaren Einkommen des Unterhaltsansprechers sowie ein allfälliger Betreuungsunterhalt (als faktisches Ersatzeinkommen).

Weist in diesem Stadium gemäss der Mittelflussrechnung ein Ehegatte ein Manko beim verfügbaren Einkommen auf, der andere aber einen Überschuss, so wird die halbe Differenz dem schlechtergestellten Ehegatten als Verbrauchsunterhalt zugesprochen. Damit wird eine Gleichstellung angestrebt. Dies allerdings nur soweit, als der bessergestellte Ehegatte dadurch nicht in ein Minus gerät.

Der gebührende Verbrauchsunterhalt bildet, wie erwähnt, die Obergrenze des Verbrauchsunterhalts.

Der Verbrauchsunterhalt wird zum einen im Rahmen des betreibungsrechtlichen Existenzminimums berechnet, zum andern im Rahmen des familienrechtlichen Existenzminimums (ohne Steuern, da diese vorweg separat gedeckt werden).

Vorsorgeunterhalt

Auch beim Vorsorgeunterhalt wird vorausgesetzt, dass einer der Ehegatten grundsätzlich Anspruch auf Unterhalt gemäss dem letzten ehelichen Stand vor der Trennung geltend machen kann (siehe für die Voraussetzungen link).

Vorsorgeunterhalt wird nur bei Scheidung berechnet und nur solange, als der Ansprecher nicht das AHV-Alter erreicht hat und somit keinen Vorsorgeaufbau mehr betreibt.

Der Vorsorgeunterhalt wird berechnet als Differenz zwischen den AHV- und BVG-Beiträgen entsprechend einem fiktiven Bruttoeinkommen einerseits und gemäss einem effektiven Bruttoeinkommen anderseits.

Das fiktive Bruttoeinkommen bemisst sich maximal auf Grund der letzten massgeblichen Lebenshaltungskosten vor der Trennung plus trennungsbedingte Mehrkosten und Steuern, umgerechnet von 87 auf 100 Prozent. Für dieses fiktive Bruttoeinkommen werden die AHV-Beiträge von 8.7% und die BVG-Beiträge berechnet. Das fiktive Bruttoeinkommen wird einmal berechnet auf Basis der Lebenshaltungskosten im Rahmen des betreibungsrechtlichen Existenzminimums (ohne Steuern), zusätzlich auch auf Basis der Lebenshaltungskosten im Rahmen des familienrechtlichen Existenzminimums (inklusive Steuern).

Für die Berechnung der BVG-Beiträge werden folgende Parameter beachtet:

  • Mindestjahreslohn (Eintrittsschwelle) CHF 21'510
  • Koordinationsabzug pro Jahr CHF 25'095
  • oberste Limite des Jahreslohns CHF 86'040
  • maximaler koordinierter Jahreslohn CHF 60'945
  • minimaler koordinierter Jahreslohn CHF 3'585

Auf dieser Grundlage werden die BVG-Beiträge nach Altersstufen berechnet:

  • bis 24-jährig 0 %
  • 25 - 34-jährig 7 %
  • 35 - 44-jährig 10 %
  • 45 - 54-jährig 15 %
  • 55 - 64/65-jährig 18 %
  • ab 64/65-jährig 0 %

Die Beiträge für IV und EO werden nicht berücksichtigt, da diese nicht der Altersvorsorge dienen. Erziehungsgutschriften der AHV werden ebenfalls nicht berücksichtigt, da sie nur teilweise rentenbildend sind und zudem nicht an das Erwerbseinkommen anknüpfen, sondern an das Vorhandensein betreuungsbedürftiger Kinder (W. Spirig, Der nacheheliche Vorsorgeunterhalt nach Art. 125 ZGB, AnwaltsRevue 2011, S. 178).

Der resultierende BVG-Beitrag ergibt zusammen mit dem AHV-Beitrag den für den Vorsorgeaufbau erforderlichen Gesamtbetrag.

Von den so errechneten erforderlichen Mitteln für den Vorsorgeaufbau wird subtrahiert, was aus einem effektiv vorhandenen Bruttoeinkommen in die AHV- und BVG-Vorsorge fliesst. Die Differenz ist dann der benötigte Vorsorgeunterhalt. Ob er gedeckt werden kann, hängt von den gemäss Mittelflussberechnung verfügbaren Einkommensmitteln des unterhaltsverpflichteten Ehegatten ab.

Unterhalt für volljährige Kinder

Sind sämtliche vorgehenden Unterhaltsansprüche gedeckt, ist aus den noch vorhandenen Einkommensmitteln das familienrechtliche Existenzminimum inklusive Ausbildungskosten der volljährigen Kinder zu decken. Reichen bei mehreren volljährigen Kindern die Mittel nicht für eine vollständige Befriedigung der Unterhaltsansprüche, sind sie proportional zu den Unterhalts-Bedürfnissen zu decken.

Überschussberechnung und -verteilung

Resultiert nach Befriedigung aller vorerwähnten Unterhaltspositionen ein Einkommensüberschuss bei einem oder bei beiden Ehegatten, wird vom Überschuss jedes Ehegatten vorweg seine allfälllige Sparquote abgezogen.

Der verbliebene, effektive Überschuss wird für jeden Ehegatten separat berechnet und rechnerisch auf die beiden Ehegatten und die minderjährigen Kinder (nach grossen und kleinen Köpfen) verteilt. Weisen beide Ehegatten einen Überschuss aus, sind ihre gegenseitigen Überschuss-Ansprüche zu verrechnen. Die minderjährigen Kinder behalten aber ihre Ansprüche gegenüber beiden Eltern bei.

Volljährige Kinder erhalten keine Überschussanteile.

Die Ansprüche eines Ehegatten gegenüber dem andern Ehegatten können seinen Überschussanteil vor der Trennung nicht übersteigen.

Die kumulierten Überschussansprüche minderjähriger Kinder werden limitiert in Höhe ihres gebührenden Barunterhalts.

Berechnungsergebnisse

Die Unterhaltsansprüche der Kinder und Ehegatten werden am Ende je konsolidiert für den

  • Barunterhalt jedes Kindes inklusive Überschussanteile, mit ev. Mankoausweis
  • Betreuungsunterhalt jedes Kindes, mit ev. Mankoausweis
  • Ehegatten-Unterhalt
  • Unterhalt für volljährige Kinder

Übersicht

Die Berechnungsergebnisse werden für jede Phase in einer Übersicht zusammengefasst. Diese wird bereits am Anfang der Darstellung der erfolgten Unterhaltsberechnung aufgezeigt, sodass die Schlussergebnisse bereits auf einen Blick ersichtlich sind.

Die Übersicht wird in der Trennungs- oder Scheidungsvereinbarung wiedergegeben, zusammen mit der Aufstellung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse von Ehegatten und Kindern.